Künstlerische Position 2019




Die Augen geschlossen, die Körperhaltung auch. Wo bin ich? Und wo ist mein Gegenüber? Einem nächtlichen Zimmer gleich fühle ich Dunkelheit, in der ich nicht zu Hause bin. Nichts scheint zu existieren woran ich mich festhalten könnte. Alles ist in Bewegung. Meine Sinne sind gespannt auf der Suche nach einem Lebenszeichen. Nach einer Einladung mich ausruhen zu dürfen. Der Wunsch nach Nähe dreht sich in ein Bedürfnis nach unabhängiger Freiheit und umgekehrt. Irgendwo dazwischen muß das Wort „Heimat“ einen Sinn bekommen. Fluchtgedanken jagen die Erwägung zu vertrauen. Das Bedürfnis nach Betroffenheit wird vom dringenden Verlangen nach Sicherheit überlagert. Heimweh ist fühlbar. Eingeschlossen in eine zeit- und raumlose Welt scheine ich mich schattenhaft in Richtung Unendlichkeit zu bewegen.

Wer sind wir, wenn wir uns sehen? Was suchen wir, wenn wir uns berühren? Was finden wir, wenn wir uns erreichen? Was erleben wir, wenn wir uns erkennen? Ich finde mich in einem Raum voller Spannung. Der Wunsch sich zu verbinden ist groß. Die Angst vor Abweisung größer. Die Einsamkeit, die sich dahinter zu verbergen scheint gewaltig. Fragen drängen sich auf: Nehmen wir teil an einer realen Umgebung? Oder sind wir gefangen in uns? Sehen wir im Außen etwas, oder sehen wir in Spiegel? Wo verläuft die Grenze zu unserer Umgebung? Was ist real und was Fiktion? Was ist Wahrheit, was Täuschung?

In dem Bemühen einen sicheren Halt zu erreichen versuche ich vergeblich zu verstehen. Der Glaube daran gefunden und aufgefangen zu werden möchte in meiner Seele Platz nehmen. Der Wunsch nach Geborgenheit ist groß. Banges Warten auf Erlösung, vergebens die Sehnsucht nach Frieden. Irgendwo befindet sich ein Abgrund in den zu sehen ich nicht wage. Alles scheint zu verschwimmen, nichts ist deutlich, nichts mir zugewandt. Einer Kugel gleich gleite ich mich drehend in einem substanzlosen Universum dem Nichts entgegen. Alles glatt und fremd, nichts ist fassbar. Schatten fliegen vorbei, sind es andere Kugeln? Rund wie ich, glatt, geschlossen und ohne Öffnung? Und doch sehe ich helle Stellen in der Dunkelheit, in dieser mich umnachtenden Fragwürdigkeit jeder Existenz. Vorbei huschende Lichter möchten verführen, scheinen zu verheißen und zu versprechen. Jeder Schein eine Kontur, jeder Blitz eine Chance. Zu schnell sind sie verschwunden, diese Schatten der Hoffnung, zu groß meine Angst, verhängnisvoll mein Zögern.

Der von mir dargestellte Frauentyp stellt keinen realen Menschen dar. Vielmehr steht er für ein versorgendes und perfektes mütterliches Urbild, dass keine Fehler hat und dass die fruchtbare Fülle des Lebens in seiner ganzen Größe repräsentiert. Der tiefe symbolhafte Gehalt meiner Darstellungen entsteht aus einem inneren Grundbedürfnis nach Verbundenheit mit etwas Größerem, dem wir uns anvertrauen dürfen und dass uns nährt und hält. Etwas, dass uns versöhnt mit den Realitäten des Lebens und uns die Angst vor dem Tode nimmt. Meine sakral anmutenden Figuren reichen in ihrer Unbeflecktheit und in ihrer entrückten Geschlossenheit in einen transzendentalen Bereich hinein. Sie stehen für ein tiefes spirituelles Wissen um unsere paradiesische Existenz — vor unserem Eintritt in diese Welt. Eine Existenz, in der wir nicht um unsere Sterblichkeit wussten und bedingungslos verbunden waren mit unserem mütterlichen Urgrund. Die Frauenbilder erinnern an unser „Geworfen Sein“ in dieses Leben, dass in Anbetracht des Todes emotional letztlich nicht zu bewältigen ist. Meine Bilder sind der Versuch eine Wunde zu schließen, die sich mit unserem Getrenntwerden bei der Geburt geöffnet hat und deren Heilung eines ganzen Lebensweges bedarf. Erst mit dem Austritt aus unserer irdischen Existenz wird sie sich ganz verschließen.



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